Coworking – MehrWertOrte

Coworking Tobias Kremkau
© Tobias Kremkau

Der spektakuläre Börsenabsturz von WeWork im Jahr 2019 und die Schließung der Coworking-Kette Everyworks, einer Tochter der Deutschen Bahn, haben das Image von Coworking nachhaltig geprägt – und das nicht im positiven Sinne. In meiner täglichen Arbeit stoße ich immer häufiger auf die Skepsis und Ernüchterung, die das Scheitern solcher Mainstream-Adaptionen von Coworking-Spaces hinterlassen hat. Viele verbinden damit den Eindruck, dass Coworking an Bedeutung verliert oder als Konzept nicht nachhaltig ist. Doch die Realität ist komplexer.

Wenn Rendite über Gemeinschaft gestellt wird

Die Enttäuschung über auf Masse ausgelegte Coworking-Spaces, bei denen Gemeinschaft und Nutzerbindung oft hinter wirtschaftlichen Interessen zurückstehen, ist nachvollziehbar. Diese Projekte stehen für eine Umsetzung von Coworking, bei der es weniger um das ursprüngliche Konzept als um Skalierbarkeit und Rendite ging. Dabei haben sich grundlegende Probleme gezeigt: Die Nachfrage nach Coworking ist stark regional und branchenabhängig. Während in einigen Regionen ein Überangebot entstand, blieb woanders die Nachfrage aus. Zudem erfüllten viele großflächige Coworking-Projekte nicht die Erwartungen an eine aktive Community, da es an echter Bindung und Engagement der Nutzer:innen fehlte.

Coworking im „Tal der Enttäuschungen“

Im Kontext des *Gartner Hype Cycle*, einer bekannten Darstellung von Trendentwicklungen, lässt sich Coworking derzeit wohl im „Tal der Enttäuschungen“ verorten. In diesem Stadium prallen überhöhte Erwartungen auf die Realität, was häufig zu Ernüchterung führt. Doch der Hype Cycle zeigt auch, dass dies nicht das Ende sein muss. Nach dieser Phase kann der Aufstieg auf den **„Pfad der Erleuchtung“** beginnen, der schließlich in einem stabilen **„Plateau der Produktivität“** mündet. Dieser Prozess ist oft zäh, aber er bietet die Chance, aus Fehlern zu lernen, alte Muster zu durchbrechen und neue Wege zu finden. Die entscheidende Frage ist: Wie sieht der „Pfad der Erleuchtung“ für Coworking aus?

Zurück zu den Wurzeln: Gemeinschaft und Flexibilität

Klar ist, dass sich Coworking neu definieren muss, um langfristig relevant zu bleiben. Der ursprüngliche Kern des Konzepts – Gemeinschaft, Flexibilität und ein echter Mehrwert für die Nutzer:innen – sollte wieder in den Mittelpunkt rücken. Gleichzeitig müssen sich Coworking-Angebote besser in die sich wandelnde Arbeitswelt integrieren. Ein vielversprechender Ansatz ist die **Verknüpfung von Coworking mit hybriden Arbeitsmodellen**. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass die Zukunft der Arbeit nicht ausschließlich im Homeoffice oder im klassischen Büro liegt, sondern in einer flexiblen Kombination beider Welten.

MehrWertOrte: Die nächste Stufe von Coworking

Darüber hinaus eröffnet die Verbindung von Coworking mit anderen Konzepten völlig neue Möglichkeiten. So entstehen sogenannte **MehrWertOrte** **– multifunktionale Räume, die Coworking mit Bildungseinrichtungen, Dorfläden, Kulturzentren oder sozialen Treffpunkten kombinieren**. Solche Orte gehen weit über den klassischen Arbeitsraum hinaus: Sie fördern Begegnung, kulturellen Austausch und Gemeinschaft, während sie gleichzeitig wirtschaftliche und soziale Impulse für die Region setzen. Gerade abseits der Metropolen sehe ich dafür das größte Entwicklungspotenzial für die Weiterentwicklung der Coworking-Idee.

Coworking als dynamisches Konzept mit Zukunft

Diese Entwicklungen können verdeutlichen, dass Coworking weit mehr ist als ein Trend. Es ist ein dynamisches Konzept, das sich den Herausforderungen und Bedürfnissen einer sich wandelnden Gesellschaft anpassen kann. Der Übergang von klassischen Coworking-Spaces hin zu MehrWertOrten ist meiner Auffassung nach ein natürlicher Schritt in der Weiterentwicklung dieser Idee – und eine Chance, Coworking als Teil der Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit zu etablieren.

Neue Wege

Mit diesen Gedanken endet meine Kolumne nach drei Jahren und 13 Beiträgen. In den letzten zehn Jahren habe ich in der Coworking-Welt vieles erlebt, umgesetzt und erreicht. Nun beginnt eine neue Phase – für die Coworking-Idee und für mich persönlich. Die Entwicklung hin zu MehrWertOrten eröffnet spannende Möglichkeiten, die ich erst noch verstehen und mitgestalten möchte. Es ist eine Phase des Lernens, bevor ich darüber schreiben oder sprechen kann. Aber ich freue mich auf diesen Weg und bin gespannt, welche Erkenntnisse er mit sich bringt.

Bis denn, dann… Tobias

Kontakt Autor:
Tobias Kremkau
Beratung & Entwicklung CoWorkLand eG
tobias@coworkland.de